11.06.2014 in der Scheier 1664
Gerdy Bormet – Molière 1664
Jean-Baptist Poquelin, genannt Molière,
Schauspieler und Theaterdichter in Frankreich, schreibt an einem neuen Stück. Es
geht um die Heuchelei eines Geistlichen, ein ziemlich heikles Thema zur Zeit
Ludwigs XIV. Frömmigkeit geht einher mit Macht und es sind oftmals persönliche
Vorteile, die unter dem Deckmantel der Frömmigkeit angestrebt werden. So gibt es
in Paris die Gruppe der Frommen, les devotes, die auf die absolute Einhaltung
der Gebote und des frommen Lebenswandels pochen, es aber oftmals selber nicht so
genau nehmen mit der Moral. Moliere sticht mit seinem neuen Stück “Tartüffe” in
ein Wespennest. Wohl hoffend, dass der König auf seiner Seite ist. Allerdings
ist da der Erzbischof, einer der Frommen, und auch die Mutter des Königs, die
dem Klerus hohe Achtung zollt. Wie wird es ausgehen? Molière selber sagt über
sein Stück: “Ich denke dem König wird es gefallen. Er kann doch auch diese scheinheiligen Frömmler nicht leiden. In meinem neuen Stück ist Tartüffe so ein Heuchler. Schleicht sich in ein bürgerliches Haus ein und stellt der Gattin des Hausherren nach. Ja, am Ende trachtet er noch nach seinem Vermögen. Der Hausherr aber ist Tartüffe ganz verfallen und kann die Realität nicht erkennen. Er folgt blind allen Ratschlägen des Tartüffe, will ihm in seiner Naivität sogar seine Tochter zur Frau geben und vermacht ihm seinen Besitz. Er bleibt ganz im Banne des Heuchlers gefangen, der am Ende triumphiert. Nun sind wir schon mitten in den
Proben, und morgen, am 12. Mai 1664 ist die Uraufführung. Ach, es liegt mir so
viel an diesem Stück. Es ist wie ein ungezogenes Kind, das man besonders liebt,
weil es immer wieder Schwierigkeiten macht… Es soll die Leute zum Lachen
bringen, aber auch zum Nachdenken. Madeleine, bring mir Rotwein! Ach, was war die Probe so anstrengend. Alle sind aufgeregt. Den Text haben sie vergessen. Sie streiten sich mitten auf der Bühne. Vergessen ihren Auftritt, einer hat sich erkältet und seine Stimme ist fast weg. Es hätte nicht viel gefehlt, und der Kronleuchter fällt uns von der Decke herunter, weil jemand am falschen Seil gezogen hat. Dazu fehlen noch Requisiten. Ach, es wird schon klappen. Auf eine schlechte Probe folgt eine gute Aufführung. Wir werden vor dem König spielen, was für eine Ehre für uns. Pfui, der Wein ist schon schal, es ist mitten in der Nacht - meine Kerze ist schon herunter gebrannt, aber schlafen kann ich nicht.” • • • |
© Gerdy Bormet, Mai 2014
Rheinhessische Landschreiber |